Fasten bei rasendem Stillstand

Januar Kalender

Mein Januar 2021

Mir fehlt so vieles in diesem Corona-Winter und dann verzichte ich noch auf Essen? Ist das eine gute Idee? Ich erfülle mir einen langehegten Wunsch und faste freiwillig fünf Tage. Das Fasten für die restlichen Januar-Tage ist allerdings unfreiwillig.

Auf Raclette folgt Gemüsebrühe

Die erste Januar-Woche saß ich normalerweise im leeren Radissimo-Büro und schmiedete Pläne für die Saison. Jahrespläne habe ich jetzt auch, aber eben nicht mehr für Radissimo, sondern für mich selbst. Ein Ziel auf meiner diesjährigen Erlebnisliste ist: Fünf Tage Fasten. Nach Plätzchen, Weihnachtsmenü und Silvester-Raclette fühlt es sich nach dem richtigen Zeitpunkt an. Die Voraussetzungen passen: Schulferien daheim statt Urlaub im Schnee; Kurzarbeit statt Kundengespräche; Corona-Lockdown statt Kunst und Kultur.

Die Familie ist vorgewarnt und stellt sich auf das schlimmste ein. Denn ich bin ohne regelmäßige Mahlzeiten und Snacks unausstehlich. Gleichzeitig freuen sie sich, dass sie auf die Vegetarierin mal keine Rücksicht nehmen brauchen, sondern Fisch und Fleisch auf dem Speiseplan stehen kann.
Mein Plan: nur Gemüsebrühe und Wasser zu mir nehmen. Am 2.1. starte ich mit zwei Entlastungstagen, also leichter Kost in kleinen Mengen. Von Montag 4.1. bis Freitag 8.1. schlürfe ich nur zweimal täglich Gemüsebrühe und sonst… Nichts. Mir geht es gut, ich fühle mich wohl, habe erstaunlich wenig Hunger und könnte noch zwei Wochen weitermachen. Am Ende bin ich stark und motiviert. Einzige Nebenwirkungen: ich friere und meine Muskeln schmerzen. Ich bin beeindruckt was mein Körper aushält, wie leicht es war und welch positive Wirkung es auf mein Wohlbefinden hat. Nicht nur währenddessen, sondern auch dannach. Daher fasse schon den nächsten Fasten-Termin ins Auge. Allerdings nicht im Winter und das nächste Mal mit etwas mehr Kalorien: Sieben Tage Gemüsesaft-Fasten im April.

Positive Nebeneffekte:

  • Ich kann endlich ohne Sehnsucht auf Kuhmilch, Butter und Joghurt verzichten. Kaffee gibt es mit Hafermilch, aufs Brot kommt veganer Brotaufstrich mit Gemüse und das morgendliche Müsli mit Soja-Joghurt verfeinert.
  • Der Heißhunger auf Süßes überkommt mich nur noch selten. Mir fehlt eher Salz und Gewürze als Zucker.
  • Ich trinke mehr Wasser und Tee.

Abendessen statt Lernen und Arbeiten

In meiner Fastenwoche entschied die Bundesregierung, dass der Lockdown für Schule, Geschäfte und das öffentliche Leben verlängert wird. Das gemeinsame Familien-Abendessen bleibt der einzige feste Termin im Januar auf den wir uns täglich verlassen können. Alles andere müssen weiter Fasten: soziale Kontakte, Lernen, Arbeiten…

Ich schlüpfe wieder in die Lehr-Assistenz-Rolle, die ich so schlecht beherrsche. Ich leiste technischen Support bei der „Sprechstunde“ via Teams, stets auf der Suche nach dem besten Platz mit stabilem Wlan. Arbeitsblätter ausdrucken, Aufgaben erklären und korrigieren sowie mit Endgeräten für die Lern-Apps jonglieren. Jahrelang bemühen wir uns um kurze Bildschirmzeit, viel Bewegung und soziale Kontakte. Nun sitzen unsere Kinder stundenlang alleine am Rechner. In Kürze werden sie uns Eltern die coolsten Tricks beibringen und alle mühevoll errichteten Barrieren umgehen. Willkommen in der Digitalisierung!

Meinen schönen Arbeitsplatz bei Rumler E-Bikes am Gutenbergplatz sehe ich im Januar kein einziges Mal. Ich kümmere mich entweder im Büro oder Homeoffice um Buchhaltung und Warenwirtschaft. Mehr ist bei vier Stunden Kurzarbeit pro Woche kaum drin. Schon verrückt. Die Fahrrad-Branche boomt, die Nachfrage ist riesig, unser Lager ist voll, das Radfahren die klimafreundliche Mobilität der Zukunft und trotzdem bleiben wir auf unseren Rädern sitzen. Auf ein teures Ebike möchte man sich setzen, es ausprobieren, verschiedene Modelle Probesitzen oder Probefahren. Das ist kein Click&Collect-Onlineartikel, den man telefonisch verkaufen kann.

Hungrig nach Sonne

Der Januar ist trüb. Es gibt unzählige Tage an denen es nicht hell wird. Die Laune ist durch Corona-Lockdown ohnehin im Keller und dann auch noch Sonne-Fasten. Stattdessen Regen, Nebel und Kälte. Ohne Abwechslung liegen bei dem Wetter die Nerven blank, die Motivation ist im Keller und die Stimmung ist oft gereizt. Selbst die Stunde Bewegung, die wir uns verordnet haben, wird mühsam und hebt die Laune nur kurzzeitig. Jeder Tag fühlt sich gleich an. Keiner weiß mehr welcher Wochentag ist. Die Welt steht still und die Zeit rast trotzdem. Letztens habe ich den so treffenden Begriff „rasender Stillstand“ gehört…

Nur die zwei Tage an denen die Mädels morgens schon mit einem Hauch von Schnee auf den Wiesen geweckt werden, werden zum Highlight.

Fazit

Fasten im Januar als Frostbeule ist nicht die beste Idee. Freiwillig verzichten, wo ich im Corona-Lockdown auf so viel Lebenswertes verzichte, muss auch nicht nochmal sein. Und trozdem werde ich wieder Fasten!

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Kristine Simonis